Bayerisches Nationaltheater München


Das 1755 vollendete Cuvilliés-Theater wurde für die schnell anwachsende Münchner Bevölkerung bald zu klein. 1792 beauftragte Kurfürst Karl Theodor den Hofarchitekten Maximilian von Verschaffelt deshalb mit der Planung eines neuen Opernhauses. Das allzu aufwendige Projekt wurde allerdings nicht realisiert und so schrieb der neue Kurfürst Max IV. Joseph schließlich einen Wettbewerb aus. Wer immer sich mit dem Bauwerk befasste, glaubte, seine Ideen für den Jahrhundertbau einreichen zu müssen. Besonders gefiel dabei das Projekt eines kaum Zwanzigjährigen, des am 19. September 1782 in Mannheim geborenen Karl von Fischer. Er hatte ein offenes Rangtheater entworfen, das der aus der Französischen Revolution resultierenden Forderung der Bürger Rechnung trug, nicht mehr nach „Rängen“ in Logen unterschieden zu werden.
Hoftheaterintendant Josef Marius von Babo rief ein Aktienunternehmen für den Bau des Nationaltheaters ins Leben, die Napoleonischen Kriege verzögerten jedoch die Realisierung der Pläne. 1806 wurde der Kurfürst als Max I. Joseph bayerischer König, Karl von Fischer sein führender Architekt. Ein Besuch des Théâtre de l'Odéon in Paris begeisterte den König so sehr, dass er den Auftrag erteilte, die Brauchbarkeit des "Pariser Modells" für München zu prüfen. Im März 1811 wurden Karl von Fischers revidierte Pläne vom König genehmigt und am 26. Oktober des selben Jahres legte Kronprinz Ludwig den Grundstein.
Die Ausführung erwies sich allerdings als ebenso schwierig wie die Planung. Schon nach einem Jahr Bauzeit waren die Finanzmittel erschöpft. Der harte Winter 1813 und der Russlandfeldzug zwangen zur Einstellung der Bauarbeiten. Als keine neuen Aktionäre zu gewinnen waren, kaufte der König alle Aktien zurück und setzte den Bau auf Staatskosten fort. Am 12. Oktober 1818 konnte das Theater dann endlich eröffnet werden. Karl von Fischer, der schon während der Bauphase in die Kritik geraten war, überlebte die Eröffnung seines genialen Bauwerks kaum: er starb am 12. Februar 1820, noch keine vierzig Jahre alt.
Während einer Vorstellung am 14. Januar 1823 fing ein Dekorationsteil Feuer. Das Theater brannte bis auf die Umfassungsmauern ab. Der König war untröstlich, das ganze Land zeigte Anteilnahme. Die Stadt München übernahm schließlich die gesamte Wiederaufbau-Summe in Höhe von 800.000 Gulden. In nur zwei Jahren wurde das Theater unter der Bauleitung von Leo von Klenze wiedererrichtet, der noch einige kleine Korrekturen vornahm. Am 2. Januar 1825 konnte das Nationaltheater dann wiedereröffnet werden.
Im zweiten Weltkrieg wurde das Haus zum zweiten Mal zerstört: In der Nacht des 3. Oktober 1943 trafen Spreng- und Brandbomben das Theater. Durch die große Hitze schmolz selbst die eiserne Bühnenkonstruktion. Der Neubau des Residenztheaters 1951 hatte die Haushaltsmittel bereits überschritten, so dass der Landtag gegen einen Wiederaufbau des Nationaltheaters Stellung nahm. Städteplaner wollten sogar die Ruinen beseitigen, um verkehrstechnisch in der Innenstadt etwas mehr Raum zu schaffen. Deshalb gründete eine Bürgerinitiative 1952 den Verein "Freunde des Nationaltheaters e.V.", der schließlich die Öffentlichkeit für den Wiederaufbau gewann und zusätzliche finanzielle Mittel sammelte.
1954 wurde ein Wettbewerb für einen Neubau ausgeschrieben, eine originalgetreue Rekonstruktion des Nationaltheaters stand zunächst gar nicht zur Diskussion. Das Kultusministerium entschied sich schließlich für eine Weiterentwicklung eines Entwurfs von Gerhard Graubner. Gemeinsam mit dem damaligen Regierungsbaudirektor Karl Fischer erstellte dieser weitere Planvarianten, die eine Rekonstruktion schließlich doch realisierbar erscheinen ließen.
Man entschied sich dabei für die Wiederherstellung der Originalfassung Karl von Fischers, gereinigt von den Hinzufügungen des widerwilligen Wiederaufbaus Leo von Klenzes und anderer Veränderungen des 19. Jahrhunderts. Fünf Jahre dauerte dieser Aufbau, der am Ende 62 Millionen Mark kostete. Am 21. November 1963 konnte dann das Ensemble, das zwischenzeitlich im Prinzregententheater beheimatet war, sein Haus wieder in Besitz nehmen.