Christoph Willibald Gluck
Christoph Willibald Ritter von Gluck war ein deutscher Komponist der Vorklassik. Er gilt als einer der bedeutendsten Opernkomponisten der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts.
Gluck wurde als erstes von neun Kindern geboren. 1717 zog die Familie nach Böhmen: zuerst nach Reichenberg, 1722 nach Kreibitz und 1727 nach Eisenberg, wo der Vater als Forstmeister im Dienst des Fürsten Philipp Hyazinth von Lobkowitz stand.
1737 gelangte er nach Mailand, wo er eine Stelle in einem Orchester antrat und dort Betrieb und Wesen der Oper kennenlernte. Er wurde von Giovanni Battista Sammartini zum Komponisten ausgebildet und feierte mit der italienischen Oper bald Erfolge auf den Bühnen. Bei seinem ersten nachgewiesenen Auftritt als Komponist war er bereits 27 Jahre alt: am 26. Dezember 1741 wurde in Mailand seine Oper Artaserse uraufgeführt.
In den folgenden Jahren schrieb er sehr produktiv für die Bühne: Demetrio (Venedig, 2. Mai 1742), Demofoonte (Mailand, 6. Januar 1743), Il Tigrane (Crema, 9. September 1743), La Sofonisba (Mailand, 18. Januar 1744), Ipermestra (Venedig, 21. November 1744), Poro (Venedig, 26. Dezember 1744), Ippolito (Mailand, 31. Januar 1745). Bei allen handelt es sich um recht konventionelle Opere serie, und bis auf Tigrane und Ippolito benutzten alle Libretti von Pietro Metastasio.
Gluck begann nun weite Reisen durch Europa. Zusammen mit Georg Christian von Lobkowitz war er in London.
Schließlich wurde Gluck in Wien ansässig und wurde später Kapellmeister. Für ein mehrtägiges Fest schrieb er Le cinesi (24. September 1754) und für den Geburtstag des Erzherzogs Leopold La danza (5. Mai 1755). Nach der Aufführung seines Antigono (9. Februar 1756) in Rom wurde Gluck von Papst Benedikt XIV. zum Ritter des Goldenen Sporns (2. Klasse) erhoben. Seit dieser Zeit verwendete Gluck den Titel „Ritter von Gluck“ oder „Chevalier de Gluck“.
In den folgenden Jahren wandte sich Gluck völlig von der italienischen Opera seria ab und bearbeitete stattdessen französische Opéra-comique-Werke. Das erste dieser Werke war anscheinend Tircis et Doristée (1756), an dem sein Anteil sehr gering ist. 1761 fand die vielbeachtete Aufführung des Balletts Don Juan statt, zu dem der Tänzer und Choreograph Gasparo Angiolini die Choreographie schuf. Mozart sollte in seiner Opera buffa Le nozze di Figaro (1786) auf den Fandango zurückgreifen, wie er ihn bei Gluck in diesem Ballett gehört hatte.
Mit der Zeit kamen Gluck grundsätzliche Bedenken über Inhalt und Form der Oper. Beide führende Opernformen schienen sich ihm zu weit von dem entfremdet zu haben, was die Oper wirklich sein sollte. Sie schienen unnatürlich, die Gesänge der Opera seria auf vordergründige Effekte gerichtet, ihr Inhalt uninteressant und versteinert. Der Opera buffa mangelte es seit geraumer Zeit an ursprünglicher Frische, sie hatte ihre Scherze verbraucht, man bekam stets die gleichen Personen als Karikaturen zu sehen. Auch in der Opera seria galten die Sänger als unumschränkte Herrscher der Bühne und der Musik, die sie mit höchster Kunstfertigkeit auszierten und teilweise so stark veränderten, dass der Zuhörer die ursprüngliche Melodie nicht einmal mehr erahnen konnte. Gluck wollte die Oper wieder zu ihrem Ursprung bringen, eine Oper, in der menschliche Dramen, Leidenschaft, Schicksalsschläge und urmenschliche Gefühle im Vordergrund stehen und wo Musik und Wort gleichwertig waren, wenn nicht gar die Musik die dramatische Situation stützen oder untermalen sollte.
Die Kennzeichen der folgenden Werke Glucks, der französischen komischen Oper, sind die kurzen, liedhaften Gesänge von einfachster Konstruktion. Gluck begann hier einen Auflösungsprozess. Unter der Protektion seiner ehemaligen Gesangsschülerin Marie Antoinette, die 1770 den französischen Dauphin Ludwig XVI. heiratete, schloss er mit der Pariser Operndirektion einen Vertrag über sechs Opern ab. Den Anfang machte Iphigénie en Aulide (19. April 1774). Mit der Erstaufführung entflammte ungeahnt ein Streit, fast ein Krieg, der an den Pariser Buffonistenstreit zwanzig Jahre zuvor erinnerte.
Am 2. August 1774 wurde seine französische Version Orphée et Euridice uraufgeführt – diese war vom Pariser Publikum schon besser angenommen. Im selben Jahr kehrte er nach Wien zurück, wo er zum kaiserlich-königlichen Hofkomponisten ernannt wurde. In den folgenden Jahren reiste der nun in ganz Europa berühmte Komponist zwischen Wien und Paris hin und her, am 23. April 1776 wurde in Paris die ins Französische übertragene Alceste aufgeführt.
Für Paris schrieb er noch Armide (23. September 1777), Iphigénie en Tauride (18. Mai 1779) und zuletzt Écho et Narcisse (24. September 1779). Während der Proben zu Écho et Narcisse erlitt Gluck am 30. Juli 1779 einen ersten Schlaganfall. Nach dieser Oper kehrte er nach Wien zurück.
Am 15. November 1787 erlitt Gluck einen weiteren Schlaganfall und starb wenige Stunden später.